Asien

Kambodscha - Liga und Nationalmannschaft

Jun 12, 2013 - 6:08 AM hours
Ich bin mal so frei und mache hier mal einen eigenen Thread auf. Denn Kambodscha is kickin'!

Die oberste Liga - Metfone C-League - besteht aus 10 Teams die mehr oder weniger in Phnom Penh beheimatet sind und sich das Olympic Stadium als Spielort teilen. Nur das Team des National Defense Ministry kickt im Old Stadium im Norden der Stadt. Aktueller Meister ist Boeung Ket. Ein Team, welches sich aktuell wieder auf Kurs befindet, auch wenn es am Samstag die erste Niederlage im 12ten Spiel einstecken musste.

Die Teams in Reihenfolge der aktuellen Tabelle:

1) Boeung Ket Rubber Field: https://www.facebook.com/pages/Boeung-Ket-Rubber-Field-FC/284951924883242
2) Svay Rieng
3) Phnom Penh Crown: https://www.facebook.com/pages/Phnom-Penh-Crown-FC/156943417666524
4) Naga Corp: https://www.facebook.com/NagacorpFc
5) National Police Commissary
6) Kirivong Sok Sen Chey
7) Build Bright United
8) National Defense Ministry
9) Asia Euro University
10) Senate General Secretariat

International sieht es noch nicht so rosig aus, nachdem Boeung Ket in der Gruppenphase des AFC Presidents Cup ausschied und auch das Nationalteam belegt nur Platz 189 der FIFA-Weltrangliste. Ob Chhunly Pagenburg - aktueller Regionalligakicker mit der Perspektive der 2.Liga beim FSV Frankfurt - daran etwas ändern kann wird man sehen. Jedenfalls wird er immer wieder mit dem Khmer-Nationalteam in Verbindung gebracht.

Hier gibt es aktuelle Videos von den Spielen der Liga: http://www.khmerlive.tv/archive/20130529_TVK_Live_Football_Metfone_C_League.php
This contribution was last edited by Hagenauer on Jun 12, 2013 at 10:31 AM hours
Kambodscha - Liga und Nationalmannschaft |#1
Jun 12, 2013 - 6:17 AM hours
Hier nochmal ein etwas ausgeschmueckterer Text zum Spiel von Boeung Ket gegen Balkan im AFC Presidents Cup. @Hagenauer - zu viele Nebenschauplaetze fuer den Fanreporter. Den Leuten waere ein flacher und bestandsloser Text ueber einen Spieler lieber. Lol. :ugly


Kambodscha. Ein Land mit einer Geschichte die weit in die Blütezeit des Khmer Königreichs von Angkor reicht, dessen beeindruckende Steintürme als stumme Zeitzeugen auch heute noch, mehr als 1000 Jahre später, aus den grünen Blätterdach des Dschungel ragen. Aufgrund seiner jüngeren Geschichte verbinden viele Menschen Kambodscha heute jedoch vor allem mit Krieg, Menschenrechtsverletzungen und Mienenfeldern. Und tatsächlich haben die amerikanischen Bombardements der Vietcong Versorgungswege während des Vietnamkriegs und der Genozid der Roten Khmer tiefe Narben im Land und den Köpfen der Menschen hinterlassen. Noch immer ist man in Teilen des Landes mit der lebensgefährlichen Landmienenräumung beschäftigt und der ECCC - das Khmer Rouge Tribunal - tut sich schwer mit der Verurteilung der Hintermänner, welche in der Zeit von 1975 - 1979 geschätzte zwei Millionen Menschen töteten oder in den Hungertod trieben.

Wer heute durch die Straßen Phnom Penhs schlendert, kann sich nur schwer vorstellen dass vor 40 Jahren die Einwohner der heute zwei Millionen Einwohner beherbergenden Stadt aus ihren Häusern vertrieben und auf Land deportiert wurden, um dort beim Aufbau eines kommunistischen Agrarstaates auf den Reisfeldern unter sklavenartigen Bedingungen zu arbeiten. Nein, Phnom Penh präsentiert sich dem neugierigen Besucher längst wieder als eine aufstrebende und wunderschöne asiatische Metropole, in deren breiten und mit Bäumen gesäumten Gassen das bunte Leben wimmelt. Neben den tausenden von Moped- und Tuk-Tuk-Fahrern, die mir aller zehn Meter ihre Fahrdienste anbieten, prägen vor allem hunderte Garküchen, dampfende Snackstände und meine süßen Lieblinge, die Obstverkäufer, das Bild Stadt. Alles ist im Aufbruch und die Wirtschaft wächst unaufhaltsam, wie auch die nur so aus dem Boden sprießenden, westlichen Cafés und die ersten Hochhäuser zeigen, die zwischen den sonst höchstens fünfstöckigen Gebäuden wie Wolkenkratzer wirken. Und längst sind auch die Touristen und unzählige Backpacker wieder in der Stadt, besuchen den Royal Palace oder Wat Phnom und fahren mit den auch nicht mehr ganz so sehr klapprigen Überlandbussen nach Angkor und an die Strände im Süden. Kambodscha ist ein Land, dass es wert ist besucht zu werden. Und dass auch, weil die Bewohner trotzt teilweise grauenhafter Vergangenheit sich ihr zauberhaftes Lachen bewahrt haben.

Doch was macht eigentlich der Fußball, dachte ich mir eines Abends nachdem mein Heimatverein, die glorreiche SG Dynamo Dresden, es einmal mehr nicht schaffte den Ball über die Linie zu drücken, um den Relegationsplatz endlich zu verlassen. Aufgrund der Zeitverschiebung von fünf Stunden war es kurz vor 20 Uhr und auf dem Balkon meiner Wohnung waren noch immer unerträgliche 35 °C, die mir den Schweiß auf die Stirn zauberten. Geht dass hier überhaupt - bei der Hitze? Spontan fiel mir zwar noch Chhunly Pagenburg ein, der momentan noch in Trier kickende Stürmer, der immer mal wieder mit der kambodschanischen Nationalelf in Verbindung gebracht wird. Aber das war es dann auch.

Ein Blick ins Internet beendete meine Unwissenheit. Denn natürlich gibt es Fußballspiele in Kambodscha, denn wo gibt es das flotte Spiel mit der runden Pille nicht? Und plötzlich erinnerte ich mich auch ein paar Jungs die in der Straße bolzten. Trikots sämtlicher Spitzenvereine sind zudem eigentlich überall zu sehen, was wohl auch etwas mit den Gewinnmargen der großen Sportartikelhersteller zu tun haben wird, die vor den Toren der Stadt in großen Hallen die Trikots für Lionel Messi, Sebastian Schweinsteiger und sicherlich auch für Lars Jungnickel nähen lassen, der bei Dynamo leider nur noch in der Zweiten kickt.

Schon seit 1982 wird in der heutigen Metfone C-League um die Meisterschaft gespielt. Der Boeung Ket Rubber Field FC ist der amtierende Champion und Phnom Penh Crown hält mit immerhin vier Titeln die Rekordmeisterschaft. Überhaupt ist die Liga recht hauptstadtlastig, denn alle zehn Teams haben ihre Spielstädte in Phnom Penh. Ein Umstand, der dem ein oder anderen Berliner in der letzten Saison beim Gedanken daran sicherlich Tränen in die Augen getrieben hat. Neun der Vereine kicken jedenfalls im 50.000 Leute fassenden Olympic Stadium, welches zwar eine Schale für die olympische Flamme hat, jedoch nie das große Sommersportevent beherbergte. Nur der National Defense Ministry FC kickt im kleineren Old Stadium im Norden der Stadt.

Dann könnte man sich ja sicherlich einmal ein solches Spiel anschauen, dachte ich mir. Und schon ein paar Klicks weiter öffnete das einmal mehr langsame Internet eine Seite, welche endlich den gewünschten Inhalt bereitstellte. Zu meiner Überraschung fanden in diesen Tagen die Gruppenspiele des AFC Presidents Cups statt. Also eines Wettbewerbs, von dem ich im Leben noch nie etwas gehört hatte, doch der durchaus interessant zu sein schien. Bei den in drei asiatischen Städten ausgetragenen Wettbewerb kämpfen zwölf Team aus fußballerischen Entwicklungsländern um die Krone. Bei den Spielen in Phnom Penh waren dies neben dem bereits erwähnten inländischen Boeung Ket FC, der Balkan FC aus Turkmenistan, Al Quds Hilal Club aus Palästina und der Army Sports Club aus Sri Lanka. Mit Schiedsrichtern aus dem Irak, Taipei, Indien und Bangladesch, klang dies nach richtig dreckigen Fußball mit viel Kampf und Unterhaltungswert. Also genau dass, was diesen Sport eigentlich ausmacht.

Leider lagen die Anstoßzeiten mit 14 Uhr und 16 Uhr an Wochentagen denkbar ungünstig, denn ich muss eigentlich bis 17 Uhr die Arbeitsbank drücken und wie so viele fröhlich schaffen. Doch nachdem am Montag Boeung Ket die Jungs von der Sri Lanka Army mit 6:0 aus dem Stadion geblasen hatten, war ich am Mittwoch doch zu neugierig auf die Kambodschaner und klappte überpünktlich bereits um 16:30 Uhr meinen Laptop zu. Auf dem Sozius eines Mopeds ging es dann direkt zum Olympic Stadium im Herzen der Stadt, um wenigstens die zweite Halbzeit des Kicks zwischen den Khmer und den Turkmenen zu verfolgen.

Die Sonne stand schon tief, als wir nach unserem Kampf durch den stinkenden Nachmittagsverkehr am Stadion ankamen. Bisher hatte ich das Teil nur von außen gesehen. Von der Straße aus sieht das Olympic nur aus wie ein großer begrünter Hügel mit Flutlichtmasten. Doch jetzt ging ich diesen einen Schritt weiter, der mir die Geheimnisse des Stadioninneren enthüllen sollte.

Mittlerweile war es 17 Uhr und somit genau der Anpfiff der zweiten Halbzeit. Ich grübelte noch kurz wo ich denn nun eigentlich bezahlen müsste, doch dann folgte ich den einheimischen Massen über den kleinen Zaun, der die Tribüne umgibt. Lange Schlangen und gründliche Sicherheitskontrollen wie man sie aus Dresden kennt gab es hier keine. Allerdings standen auch ungefähr zwanzig schwerbewaffnete Soldaten mit glänzenden AK47 Maschinengewehren auf dem Gelände, was wohl auch dem härtesten Hooligan abschrecken würde. Zudem ist der Innenraum mit einem versifften Wassergraben und einem weiteren, grün gestrichenen Zaun geschützt, der nach innen gerichtete Stahlspitzen beherbergt. Ein Platzsturm ist hier eher nicht drin. Zumindest nicht für die ersten Reihen.
Als sich mir dann der Blick ins Stadion öffnete, musste ich erst einmal innehalten. Was für ein genialer Betontempel sich mir da offenbarte. Fast so schön wie das alte rudolf-Harbig-Stadion in Dresden. Unüberdacht liegen die braungrauen Betonterassen in einem riesigen hufeisenoffenen Oval. Nur die überdachte Haupttribüne steht einzeln auf der Gegenseite. Und um auf die zu kommen, muss man dann sicherlich doch die 6000 Riel oder 1,10 Euro Eintritt bezahlen, um der Partie beiwohnen zu können. Ich lief jedoch gefühlte fünf Minuten von der rechten Eckfahne, bis hin zur Gegengeraden und setzte mich dort in eine der letzten Reihen. Es war die 48. Minute und es stand bereits 1:0 für Balkan.

Die Zuschauerzahl ließ sich nur schwer schätzen. Aufgrund der frühen Stunde waren es wohl vor allem Schüler und Studenten, die auf den harten Betonplatten mitfieberten. In dem riesigen Rund, in das optisch gefühlte 100.000 Leute passen, waren also vielleicht 3.000 Zuschauer. Die offizielle Zuschauerzahl wird später mit 5.000 beziffert, doch das würde ich offen anzweifeln.

Eine kleine Gruppe "Ultras" auf der Haupttribüne machte mit ihren 3 Tröten und den Trommeln etwas Rabatz. War Boeung Ket dann doch einmal vorm Tor, schwappte die Euphorie- und Klatschwelle auch auf den Rest des Publikums über. Dann herrschte im Stadion eine schon recht laute und vor allem geladene Atmosphäre, die sich jedoch keineswegs auf die kickenden Spieler zu übertragen schien. Diese zogen ihren Stiefel gemütlichen Stiefel konsequent durch. Überhaupt war das eine ganz andere Fußballstimmung. Zwar eher ruhig, aber trotzdem unheimlich geladen. Gewonnene Kopfballduelle und Zweikämpfe wurden frenetisch gefeiert, dann war wieder ein paar Sekunden absolute Stille. Den Jubel unterstützte der wunderbare Hall, der dem Stadion innewohnt.

Wer wollte konnte sich das ganze Spiel über ein Eis oder ähnliches von den fliegenden Händlern kaufen, die durch die Reihen gingen. Nur Bier habe ich zu meinen Leidwesen keines gefunden, denn es war noch immer tierisch heiß und ich saß in meiner langen Bürohose in der Abendsonne. Dafür standen in der oberen Reihe schon ungefähr 50 behelmte Moped- und Tuk-Tuk Fahrer die auf Kundschaft warteten und wieder einmal besonders auf mich schielten. Die Heimreise würde jedenfalls kein Problem darstellen.

Das Spiel war wie bereits erwähnt eher langsam und von Niveau her, naja - vielleicht 6. Liga abwärts. Nicht umsonst war dies wohl der Cup der "Emerging Countries". Das Spiel des Boeung Ket Rubber Field FC fand ich von der Anlage her eigentlich besser als das der Turkmenen, denn die Spieler hatten wenigstens so etwas wie ein flottes Kombinationsspiel drauf, was sie auch ein bis zweimal andeuteten. Insbesondere der Afrikaner im Team, geschmückt mit einem riesigen aber eleganten Afro auf dem Kopf, spielte zudem eine auffallend ordentliche Sohle und verlud mit seinen Dribblings und gezielter Schnelligkeit die gegnerischen Mittelfeldspieler das ein ums andere Mal. Nur leider muss man so etwas eben auch bis zur Grundlinie aufziehen, denn mit langen Bällen, wie sie von dort dann die meiste Zeit blind geschlagen wurden, kommst du nicht sehr weit wenn die Gegenspieler im Schnitt zehn Zentimeter größer sind. Der kleinste Khmer war übrigens der Torwart, der sich mit seinem geschätzten 1,50 m ganz schön strecken musste wenn der Ball geflogen kam. Dafür hatte er die Sprungkraft eines Tigers und konnte problemlos in alle Himmelsrichtungen abheben.

Die Khmer bissen sich also an den körperlich überlegenen Balkanspielern die Zähne aus. Es gab zwar ein paar gefährliche Eingaben vorm Tor, doch das war es dann auch. Jungstar Chan Vathanaka, der gegen die Sri Lankan Arm noch vier Treffer erzielt hatte, blieb erfolglos. Dafür gab es in der Abwehr ständige Abspielfehler. Und so fiel in der 85. Minute auch das 2:0 der gemütlich spielenden Turkmenen: Der Boeung Ket Kicker versiebte den Ball am Sechszehner und der heraneilende Balkan Spieler netzte gezielt von der linken Strafraumkante mit einem sehenswerten Schuss. Überraschenderweise jubelte jetzt das halbe Stadion über den Treffer, was aber auch daran gelegen haben könnte, dass z.B. mein Nebenmann keinen Plan davon hatte, welches Trikot eigentlich welches Team verkörpert.

Dann war der Ofen endgültig aus und die enttäuschten Fans starteten ihre Völkerwanderung zum Ausgang. Hunderte Moped drängten sich vom Gelände und deren rote Rücklichter verschwanden im bunten Meer der Hauptstraße.

Ich verfolgte noch die vier Minuten Nachspielzeit. Aber es passierte nix erwähnenswertes mehr. Im letzten Sonnenlicht lief ich dann die lange Rampe zur Straße hinunter. Vorbei an vollen Volleyballfeldern, Tenniscourts und zwei riesigen Popgymnastikgruppen. Sportarten, die im Land noch immer einen höheren Stellenwert haben als Fußball.

Trotzdem war es ein genialer Abend im Herzen Indochinas.
Kambodscha - Liga und Nationalmannschaft |#2
Jun 12, 2013 - 6:19 AM hours
Im uebrigen findet am Samstag 2pm das heiss erwartete Spiel zwischen Phnom Penh Crown und Boeung Ket statt, also der Serienmeister empfaengt den aktuellen Meister und Tabellenfuehrer. Ich bin gespannt wie viele Zuschauer sich ins Olympic verirren und ihre Teams cheeren. :cool
Kambodscha - Liga und Nationalmannschaft |#3
Jun 12, 2013 - 7:28 AM hours
Und ich mach den Thread gleich wieder zu ;)

Dafür gehts hier weiter - so richtig schön mit Verlinkung :D
http://www.transfermarkt.de/de/kambodscha--liga-und-nationalmannschaft/topic/ansicht_126_142_seite1.html

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03.12.2012: Die ganze Fußballwelt reagiert geschockt auf einen getöteten Linienrichter und ist der Meinung, dass ein Umdenken einsetzen muss.
08.12.2012: 80.000 Dortmunder und 50.000 Frankfurter singen: "Hängt sie auf, die schwarze/gelbe Sau!"

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